Anzeichen einer Nachtblindheit

Dass wir im Dunkeln schlechter sehen als im Hellen, ist vollkommen normal. Bei einer (echten) Nachtblindheit erkennen Betroffene jedoch nur noch sehr wenig oder gar nichts mehr. Die Nachtblindheit ist von nächtlichen Sehstörungen, wie einer Nachtkurzsichtigkeit, zu unterscheiden, die die Sicht zwar einschränken, jedoch nicht in einer vergleichbar starken Ausprägung.

Gesunde Augen passen sich den Lichtverhältnissen an


Um bei Tag und bei Nacht zu sehen, ist die Netzhaut zweierlei Lichtrezeptoren ausgestattet: Den sogenannten Zapfen und Stäbchen. Die Zapfen ermöglichen tagsüber eine scharfe Sicht sowie das Sehen von unterschiedlichen Farben. Die Stäbchen hingegen sind für das Sehen bei schlechten Lichtverhältnissen zuständig. Dank ihnen können wir selbst in dunkler Umgebung noch etwas erkennen, wenn auch ohne Farbe und mit schwächerer Sehschärfe als am Tag.

Unsere Augen passen sich den jeweiligen Umgebungsbedingungen an. Betreten wir aus der Dunkelheit einen hell erleuchteten Raum, setzt innerhalb weniger Minuten eine rasche Helladaption der Augen ein. Gehen wir umgekehrt vom Hellen ins Dunkle, findet eine Dunkeladaption der Augen statt. Dieser Vorgang dauert etwas länger. Nach ein paar Minuten haben sich die Augen in der Regel halbwegs an die schlechten Lichtverhältnisse angepasst. Es kann jedoch unter Umständen zwischen 20 und 45 Minuten dauern, bis sich die Augen vollständig an die Dunkelheit gewöhnt haben.1

Wie entsteht Nachtblindheit?


Bei einer echten Nachtblindheit sind die Stäbchen der Netzhaut funktionell beeinträchtigt. Da sie ihre Aufgabe nur unzureichend oder gar nicht erfüllen, fehlt die Adaptionsfähigkeit der Augen an die Dunkelheit. Der Sehverlust kann genetisch bedingt oder im Laufe des Lebens erworben sein. Als Ursachen zählen:

  • Erkrankungen
  • Mangelernährung
  • Verletzungen des Auges

Zu den Krankheiten, die vererbt werden und zu einer Nachtblindheit führen, gehört die Retinitis pigmentosa. Während Betroffene in der Kindheit in der Regel noch normal sehen, setzt bei ihnen die Nachtblindheit häufig mit zunehmendem Alter ein. Bei der sogenannten kongenitalen stationären Nachtblindheit hingegen ist der Sehfehler bereits bei der Geburt vorhanden.

In Entwicklungsländern führt oftmals ein Mangel an Vitamin A – aufgrund des geringen Nahrungsangebots – zu einer Funktionsuntüchtigkeit der Stäbchen und dazu, dass viele Menschen nachtblind sind. In Industrienationen ist eine Nachtblindheit durch Vitamin A-Mangel dagegen sehr selten.

Außerdem können Verletzungen für eine eingeschränkte Sicht bei Nacht verantwortlich sein. Verbleiben beispielweise nach einem Unfall kleine Eisensplitter im Auge, führt das Rosten der Fremdkörper zu einer Schädigung der Netzhaut und zum Einsetzen einer Nachtblindheit.

Unterscheidung zu nächtlichen Sehstörungen


Oft werden Störungen des nächtlichen Sehens als Nachtblindheit bezeichnet, auch wenn es sich dabei nicht um die Erkrankung im medizinischen Sinne handelt. Nächtliche Sehbeeinträchtigungen unterscheiden sich vor allem dadurch von Nachtblindheit, dass Betroffene zwar eine eingeschränkte Sicht haben, jedoch noch etwas erkennen können – während Menschen mit Nachtblindheit zum Teil überhaupt nichts mehr sehen. Häufige Ursachen für nächtliche Sehstörungen sind:

  • Verengte Pupillen: Bei älteren Menschen kommt es vor, dass die Pupillen nicht mehr in der Lage sind, sich bei Dunkelheit ausreichend zu weiten (wie es für gewöhnlich der Fall wäre). Die Folge: Es gelangt zu wenig Licht ins Auge, was zu schlechterem Sehen bei Nacht führt. Eine Verengung der Pupille kann zudem als Nebenwirkung von Medikamenten (zum Beispiel Schmerzmitteln) entstehen.
  • Linsentrübung: Vor allem mit zunehmendem Altem entsteht nicht selten eine Trübung der Linse (Grauer Star). Ist das der Fall, ist jede Lichtquelle für den Betroffenen mit einer Art Schleier überzogen. Bei einem nachts entgegenkommenden Auto mit eingeschalteten Scheinwerfern können Menschen mit Grauem Star kaum noch etwas erkennen.
  • Nachtkurzsichtigkeit: Wer tagsüber schon leichte Schwierigkeiten damit hat, weiter entfernte Gegenstände zu erkennen, bei dem kann sich eine bestehende Kurzsichtigkeit im Dunkeln noch verschlimmern und zu Sehbeeinträchtigungen führen.

Diagnose durch den Arzt


Da die Nachtblindheit meist schleichend einsetzt oder schon bei der Geburt vorhanden ist, bleibt sie häufig für eine lange Zeit unentdeckt. Umso wichtiger ist es, dass Sie erste Anzeichen (zum Beispiel Unsicherheit beim Autofahren im Dunklen) ernst nehmen und zu einem Fachmann gehen. Richtiger Ansprechpartner ist der Augenarzt (Ophthalmologe). Eine augenärztliche Untersuchung mit einem Adaptometer verschafft Klarheit über die Sehbeeinträchtigung. Hierbei bestimmt der Mediziner die Adaptions- beziehungsweise Anpassungsfähigkeit der Augen von Helligkeit an Dunkelheit. Mithilfe eines Nyktometers wird das Sehen von Kontrasten in der Dunkelheit ermittelt. Da diese Messung analog zum Straßenverkehr mit und ohne Lichtblendung durchgeführt wird, ist dieser Test besonders wichtig, um die Fahrtauglichkeit bei Nacht zu testen. Gegebenenfalls können weitere Untersuchungen Hinweise zur Ursache der Sichtprobleme geben (zum Beispiel eine Blutanalyse zur Feststellung eines Nährstoffmangels).

Was tun bei Nachtblindheit?


Die Behandlungsmöglichkeiten einer durch eine Augenerkrankung verursachten, angeborenen Nachtblindheit sind stark begrenzt, eventuell kann das nächtliche Tragen einer Brille helfen. Besser zu therapieren ist eine erworbene Sehstörung, beispielsweise ausgelöst durch einen Vitaminmangel.

Gut zu wissen

Nicht selten verschwinden Sehbeeinträchtigungen, die durch einen Nährstoffmangel verursacht wurden, komplett, wenn das Defizit ausgeglichen wurde.

Auch die meisten nachtbedingten Sehstörungen lassen sich beheben. Eine Nachtkurzsichtigkeit ist zum Beispiel in der Regel problemlos durch das Tragen einer speziellen Brille korrigierbar. Der Graue Star wird dagegen in der Regel bei einer ambulanten Operation behandelt, indem der Mediziner die getrübte Linse durch eine künstliche ersetzt. Sind verengte Pupillen aufgrund von Medikamenten der Grund für die Sehbehinderungen, sollte der Patient gemeinsam mit seinem Arzt über die Umstellung auf eine andere Arznei nachdenken. Einer altersbedingten Engstellung der Pupillen kann dagegen nur schwer entgegengewirkt werden.

Folgen einer schlechten nächtlichen Sicht


Die Folgen einer echten Nachtblindheit können für den Betroffenen sehr einschränkend sein. Vor allem die Teilnahme am Straßenverkehr ist als Autofahrer schwierig. Zudem muss das Verhalten in verschiedenen anderen Lebenssituationen, beispielsweise beim Abendspaziergang, angepasst werden: Besondere Vorsicht und eine Begleitung sind unter Umständen notwendig. Doch nicht nur die Nachtblindheit, auch dämmerungsbedingte Sehstörungen beeinträchtigen das Leben eines Betroffenen. Beispielsweise dann, wenn er das Autofahren bei Nacht vermeidet und das etwa zum sozialen Rückzug führt. Umso wichtiger ist es daher, dass Sie sich bei auftretenden Sehproblemen frühzeitig an den Arzt wenden. Er kann die Ursache bestimmen und gegebenenfalls eine Behandlung einleiten.

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Pauline Zäh Bereits als Kind wusste Pauline Zäh, dass sie einmal Redakteurin werden wollte. Lesen und Schreiben waren schon immer ihre großen Leidenschaften. Während des Journalismus-Studiums spezialisierte sie sich im Bereich Medizin. Für sie ein besonders wichtiges Feld, denn Gesundheit geht jeden etwas an. Von 2019 bis 2021 war sie Teil von kanyo®. Pauline Zäh Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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