Diabetisches Makulaödem: Wenn die Netzhaut des Auges erkrankt
Das diabetische Makulaödem ist eine Folgeerkrankung des Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und kann die Sehfähigkeit stark einschränken. Doch bis sich die für das diabetische Makulaödem typische Schwellung an den kleinen Blutgefäßen im Auge ausbildet, durchläuft die Erkrankung verschiedene Stadien. Welche das sind und warum eine jährliche augenärztliche Kontrolle bei Diabetikern wichtig ist, erfahren Sie hier.
Übersicht
- Diabetische Retinopathie: Was ist das?
- Stufen der diabetischen Retinopathie
- Diabetisches Makulaödem
- Vorbeugung
- Behandlung
- Prognose
Diabetisches Makulaödem: Am Anfang steht die diabetische Retinopathie
Um zu erklären, wie ein diabetisches Makulaödem entsteht, muss man etwas ausholen: Leiden Patienten viele Jahre lang unter Diabetes mellitus, können Probleme auftreten, insbesondere bei schlechter Zuckereinstellung – das heißt, wenn die Blutzuckerwerte dauerhaft zu hoch sind oder stark schwanken. Eine der möglichen Komplikationen ist die diabetische Retinopathie, eine Gefäßerkrankung der Netzhaut (Retina). Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, hängt von zwei Faktoren ab:
- der Stoffwechsellage der Diabetiker (dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel)
- der Erkrankungsdauer
Besteht der Diabetes beispielsweise seit 20 Jahren, lassen sich bei circa 90 Prozent der Diabetiker Veränderungen des Augenhintergrundes feststellen.1
In Europa und Nordamerika ist sie die häufigste Erblindungsursache bei Menschen zwischen 20 und 65 Jahren.2
Was bei einer diabetischen Retinopathie im Auge passiert
Langfristig schädigt eine erhöhte Blutzuckerkonzentration die Nerven sowie Mikrogefäße der Netzhaut, zu denen Arteriolen, Kapillaren und Venolen gehören. Mediziner verwenden hier den Begriff Mikroangiopathie. Es kommt zu einer Gefäßsklerose (Ablagerungen in der Gefäßwand) mit folgenden Auswirkungen:
- Gefäßverschlüsse an der Netzhaut
- Mangelversorgung der Sehzellen
- Austreten von Flüssigkeit ins benachbarte Gewebe
Neben einem lange nicht erkannten oder schlecht eingestellten Diabetes gehören auch Bluthochdruck und Rauchen zu den Risikofaktoren für eine diabetische Retinopathie. Lässt sich die Erkrankung verhindern? Bestenfalls sorgt eine gute und frühzeitige Einstellung des Blutzuckers dafür, dass sich keine diabetische Retinopathie entwickelt. Doch was, wenn doch? Wie verläuft die Erkrankung?
Stufen der diabetischen Retinopathie
Bevor es zu einem diabetischen Makulaödem kommt, muss die diabetische Retinopathie ein fortgeschrittenes Stadium erreicht haben. Die Übergänge vom Anfangs- zum Fortgeschrittenenstadium sind dabei fließend.
So beginnt die Erkrankung
Die diabetische Retinopathie entwickelt sich sehr langsam, zehn bis zwölf Jahre nach Beginn des Diabetes sind keine Seltenheit.3 Je nachdem, wie gut oder schlecht die Blutzuckerwerte eingestellt sind, kann die diabetische Retinopathie auch früher oder später auftreten.
Folgende Formen der diabetischen Retinopathie gibt es:
- leichte nicht-proliferative (nicht-wuchernde) diabetische Retinopathie: winzige Aussackungen der Blutgefäße (Mikroaneurysmen), Eiweiß- und Fettablagerungen, Punkt- und Fleckblutungen in der Netzhaut
- schwere nicht-proliferative diabetische Retinopathie: mehrere retinale Blutungen, Verdickungen der Venen, minderdurchblutete Areale in der Netzhaut, Cotton-wool-Herde (Nervenfaserinfarkte)
Bei circa der Hälfte aller Patienten mit schwerer nicht-proliferativer diabetischer Retinopathie erreicht die Erkrankung innerhalb eines Jahres ihr nächstes Stadium: die proliferative (wuchernde) diabetische Retinopathie.4
Weitere Stadien der Erkrankung
Schreitet die Erkrankung weiter fort, versucht das Auge die Mangelversorgung der Netzhaut auszugleichen. Das funktioniert folgendermaßen: Der Körper kurbelt als Art „Hilferuf“ die Produktion von Wachstums- und Entzündungsfaktoren an, beides sind wichtige Komponenten, um neue Blutgefäße zu bilden. Die neu ausgebildeten Blutgefäße sind aber instabiler, also brüchiger als normale Blutgefäße. Diese unerwünschten, neugebildeten Gefäßwucherungen können bis in den Glaskörper, die gallertartige Füllung des Auges, einwachsen.
Ist von all diesen Gefäßveränderungen auch die Netzhautmitte, der sogenannte gelbe Fleck (lateinisch Macula lutea) betroffen, liegt die diabetische Makulopathie vor, eine weitere, fortgeschrittene Form der diabetischen Retinopathie. Eine diabetische Makulopathie ist kritisch und kann eine massive Sehminderung verursachen, da der Bereich sehr empfindlich und gleichzeitig essenziell ist: Die Sinneszellen für das Sehen haben hier ihre größte Dichte – nicht umsonst wird der gelbe Fleck „Stelle des schärfsten Sehens in der Netzhaut“ genannt.
Nun kommt das diabetische Makulaödem ins Spiel
Die porösen neuen Blutgefäße (Proliferationen) sind durchlässig für Flüssigkeiten aus dem Blutstrom. Blut- und Wassereinlagerungen entweichen in die Netzhaut, somit auch in den Bereich der Makula, und sammeln sich dort an. Es kommt zu einer chronischen Schwellung der Makula, dem sogenannten diabetischen Makulaödem (DMÖ).
Die Folgen der Flüssigkeitsablagerung:
- Der Patient sieht verschwommen,
- es kommt zu Gesichtsfeldausfällen und
- Störungen der Kontrast- und Farbwahrnehmung.
Unbehandelt drohen bei einem diabetischen Makulaödem schwere, unwiderrufliche Schädigungen der Netzhaut. Sie entstehen, wenn beispielsweise die Gewebewucherungen auf die Netzhaut Zug auswirken, und so eine Netzhautablösung (Diabetische Traktionsablatio) provozieren.
Diabetische Makulopathie: Augen schützen – regelmäßig zur Kontrolle
Um die diabetische Retinopathie so früh wie möglich und nicht erst in fortgeschrittenen Stadien wie der diabetischen Makulopathie zu erkennen, sollten Diabetiker ihre Augen einmal jährlich von einem Augenarzt untersuchen lassen.5 Auch dann, wenn noch gar nichts auf eine Gefäßerkrankung der Netzhaut hindeutet. Erste Anzeichen wie blinde Flecken tauchen nämlich erst dann auf, wenn bereits Sehzellen in der Netzhautmitte, der Makula, geschädigt sind.6 Doch in Sachen Vorbeugung besteht Nachholbedarf: Nur etwa jeder Zweite Diabetes-Kranke geht regelmäßig zur augenärztlichen Untersuchung.7
Dem diabetischen Makulaödem vorbeugen
Risikofaktoren, die die Entstehung eines diabetischen Makulaödems begünstigen, sollten, so gut es geht, minimiert werden, denn: Wer als Hochrisikopatient auf einen multifaktoriellen Therapieansatz setzt, kann das Risiko, an einer diabetischen Retinopathie zu erkranken, um bis zur Hälfte reduzieren.8
In der Praxis bedeutet das:
- Gewichtsreduktion bei Fettleibigkeit (Adipositas)
- Blutdruckeinstellung bei Bluthochdruck
- Therapie von zu hohen Blutfettwerten (hohes Cholesterin)
- Rauchentwöhnung
Hauptursache für das diabetische Makulaödem ist ein schlecht eingestellter Blutzucker. Versuchen Sie daher, einen dauerhaft erhöhten Blutzucker (mit Werten über 160 Milligramm pro Deziliter9) zusammen mit Ihrem behandelnden Arzt in den Griff zu bekommen.
So wird das diabetische Makulaödem behandelt
Je nachdem, wie weit fortgeschritten die Erkrankung ist, gibt es unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten.
Laserbehandlung der Netzhaut
Ziel der Laserbehandlung ist es, durch punktweises Veröden die leckenden Blutgefäße abzudichten, damit keine weitere Flüssigkeit ins Auge gelangt. Durch dieses Verfahren soll zudem ein Rückgang der Schwellung erreicht werden.
Operative Glaskörperentfernung (Vitrektomie)
Liegen Komplikationen wie eine Netzhautablösung vor und droht bereits die Erblindung des Patienten, wird eine Operation notwendig. Bei der Vitrektomie entfernt das OP-Team den Glaskörper. Das Augeninnere bleibt jedoch nicht leer wie bei einem in sich zusammengefallenen Luftballon, sondern wird wieder mit einer Flüssigkeit aufgefüllt, die das Auge selbst bildet. Vorübergehend kann es nach dem Absaugen der durchschnittlich vier Milliliter Glaskörpersubstanz10 notwendig sein, den Hohlraum mit Gas oder Silikon zu füllen. Gas wird automatisch durch die augeneigene Flüssigkeit ersetzt, Silikon muss später noch einmal operativ entfernt werden.
Spritzen von Medikamenten in den Glaskörperraum
Haben bereits zentrale Netzhautveränderungen stattgefunden, liegt also eine diabetische Makulopathie mit der für ein diabetisches Makulaödem typischen Schwellung der Netzhautmitte vor, können gegebenenfalls auch Medikamente in den Glaskörper injiziert werden, die die Schwellung (Ödembildung) vermindern. Einige Medikamente verhindern, dass sich neue, instabile Blutgefäße bilden. Dabei ist der Einsatz sogenannter VEGF-Blocker typisch. VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) ist ein körpereigener Botenstoff, der zum krankhaften Gefäßneuwachstum beiträgt. Damit das diabetische Makulaödem zurückgeht, ist es notwendig, den Eingriff mehrmals zu wiederholen. Im ersten Behandlungsjahr werden etwa acht Injektionen verabreicht, im Folgejahr circa vier.11