Farbenblindheit hat unterschiedliche Ausprägungen


Unter dem Begriff Farbenblindheit werden verschiedene Sehstörungen zusammengefasst. Selten – bei circa 3.000 Deutschen – können die Patienten überhaupt keine Farbe erkennen, sondern nur Grautöne. Diese Erkrankung wird Achromasie genannt. Häufiger kommt es vor, dass einige oder mehrere Farben nicht erkannt oder voneinander unterschieden werden können (Dichromasie oder Monochromasie). Die gängigste Farbsehstörung ist die Rot-Grün-Schwäche, unter der fünf Prozent der Bevölkerung, vornehmlich Männer, leiden. Sehr selten kommt eine Gelb-Blau-Störung vor.

Farbenblindheit kann angeboren sein, sich aber auch durch verschiedene Krankheiten erst später im Leben entwickeln. Vor allem die Blau-Gelb-Blindheit tritt als Folge von Augenerkrankungen, beispielsweise einer Makuladegeneration, auf. Bei dieser Netzhauterkrankung gehen die Sehzellen nach und nach zugrunde.

Problematisch ist die Früherkennung einer Farbsehschwäche, da viele farbenblinde Personen ihre Einschränkung jahrelang nicht bemerken. Dies kann später zu Problemen im Beruf führen und für den Straßenverkehr gefährlich werden.

Wie kommt es zur Farbenblindheit?


Für das Farbensehen sind bestimmte Lichtsinneszellen der Netzhaut, die Zapfen, verantwortlich. Es gibt drei verschiedene Zapfen-Typen, wobei jeder eine andere Farbe wahrnimmt. Ein Typ ist für Blau, einer für Grün und einer für Rot verantwortlich. Die anderen Farben ergeben sich aus der Mischung von blauem, rotem und grünem Licht. Bei farbenblinden Menschen sind ein oder mehrere Zapfen-Arten defekt. Am häufigsten tritt eine Störung des Rot-Grün-Sinnes auf. Diese Sehstörung wird in zwei Ausprägungen unterschieden:

Rot-Grün-Blindheit:

Hier ist entweder der Zapfen-Typ für Rot (Protanopie) oder Grün (Deuteranopie) funktionslos oder gar nicht erst vorhanden. Betroffene können also nur zwei von drei Farben sehen. Bei fehlenden Grün-Zapfen beispielsweise können Betroffene grüne Objekte nicht wahrnehmen, außerdem verwechseln sie Rot und Grün, da die beiden Farben nur im Kontrast unterschieden werden können. So kommt es, dass sie neben Grün auch Rot nicht richtig wahrnehmen können.

Rot-Grün-Schwäche:

Menschen mit einer Rot- (Protanomalie) oder Grün-Schwäche (Deuteranomalie) verwechseln unter bestimmten, ungünstigen Bedingungen Rot und Grün. Die Zapfen für das Rot- oder Grün-Sehen sind in ihrer Funktion eingeschränkt.

Die Rot-Grün-Blindheit oder Schwäche bedeutet eine nicht unerhebliche Einschränkung der Betroffenen in ihrem Alltag. Vor allem im Straßenverkehr kann es fatale Folgen haben, wenn beispielsweise ein rotes Bremslicht nicht rechtzeitig erkannt wird.

Bei Personen, die keinerlei Farben sehen (Achromaten), sind alle drei Zapfen-Typen funktionslos. Es ist ihnen nur möglich, weiß-graue und verschwommene Umrisse im Dämmerungslicht zu sehen. Bei helllichtem Tage sind ihre Sehzellen überfordert und die Patienten geblendet.

Farbenblindheit wird oft erst spät bemerkt


Insbesondere Menschen, die an einer angeborenen Farbsehschwäche leiden, bemerken meist zunächst nichts davon. Sie kennen ihre Umwelt nicht anders. Meist fällt es erst auf, wenn andere Personen die Betroffenen darauf aufmerksam machen oder wenn bei einem Augenarzt eine Routineuntersuchung durchgeführt wird. Wer hingegen eine Farbe überhaupt nicht sieht, bemerkt das schon recht früh, da die verschiedenen Farben nicht auseinandergehalten werden können. Mithilfe von Sehtests kann der Augenarzt die Farbsehstörung bestimmen. Menschen, die farbenblind für alle Farben sind, sind hingegen stark eingeschränkt. Schon im frühen Kindesalter wird diese Sehstörung diagnostiziert.

Neue Hoffnung: Eine Brille für Farbenblinde


Eine angeborene Farbenblindheit kann nicht geheilt werden. Spezielle Brillen mit getönten Gläsern helfen jedoch gegen die Blendempfindlichkeit von Menschen, die komplett farbenblind sind.

Hoffnung gibt es für Menschen mit einer Rot-Grün-Farbsehstörung. In den letzten Jahren wurden Brillen entwickelt, die eine bessere Farbwahrnehmung für die Patienten ermöglichen sollen. Viele Patienten empfinden diese Brillen als hilfreich, ein Patient konnte beispielsweise mithilfe der Sehhilfe erstmals einen vollständigen Regenbogen sehen. Die Brillen filtern bestimmte Wellenlängen des Lichtes heraus, so dass der rote und grüne Farbeindruck deutlich präziser wird.

Farbenblindheit wird meistens vererbt


Eine angeborene Farbenblindheit wird durch einen Gendefekt ausgelöst. Humangenetiker kennen aktuell mehrere Gene, bei denen ein bestimmter Defekt zu Farbsehstörungen führt. Diese Mutationen können an Kinder weitervererbt werden.

Achromasie-Patienten vererben den Gendefekt gleichermaßen an Töchter oder Söhne. Eine Untersuchung ihres Erbguts kann die statistische Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung zu vererben, berechnen.

Eine Rot-Grün-Schwäche wird überwiegend von Männern ausgebildet. Der Grund dafür ist, dass die Gene für die roten und grünen Zapfen auf dem X-Chromosom, dem Geschlechtschromosom, liegen. Frauen haben zwei X-Chromosomen, Männer jedoch nur eins. Ein defektes Gen kann bei Frauen also durch ein gesundes Gen auf dem zweiten X-Chromosom ausgeglichen werden, die Rot-Grün-Schwäche prägt sich nicht aus. Da Männer hingegen nur ein X-Chromosom haben, kommt bei ihnen der Defekt auch zum Tragen.

Ein defektes Gen wird vom Vater nicht auf den Sohn vererbt, da die Söhne immer das X-Chromosom von der Mutter erhalten. Die Tochter trägt hingegen das mutierte Gen, ohne dass die Farbenblindheit entwickelt wird, in ihrem Erbgut und kann es wiederrum mit einer 50 prozentigen Wahrscheinlichkeit an ihre Söhne weitergeben.

Durch Erkrankungen der Netzhaut, des Sehnervs (zum Beispiel ein Tumor der auf den Sehnerv drückt) oder durch einen grauen Star (Katarakt) kann sich eine Farbenblindheit im Laufe des Lebens entwickeln. Bei diesen erworbenen Farbsehschwächen kann auch nur ein Auge betroffen sein.

Wissenswert: Farbenblindheit hat auch Vorteile


Für Personen mit einer Rot-Grün-Schwäche gibt es nicht nur Nachteile im alltäglichen Leben. Im Gegenteil, sie haben gelernt, Farben aus dem braunen und gelben Bereichen viel nuancenreicher wahrzunehmen als Normalsichtige. Diese Eigenschaft macht man sich im Militär zunutze: Tarnfarben, wie sie in der Armee benutzt werden, werden von Rot-Grün-Blinden besser und eher erkannt.

Außerdem können farbenblinde Personen bei Dämmerungslicht schärfer sehen als Menschen ohne Einschränkung des Farbsehens.

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Dr. Sabrina Mihlan Dr. Sabrina Mihlan hat sich schon während ihres Biologiestudiums besonders für die humanmedizinischen Themen interessiert. Daher spezialisierte sie sich auf Heilpflanzen und klinische Biochemie. Nach ihrer Promotion an der Universität Würzburg startete sie 2015 ihr Volontariat bei kanyo® und bereitet dort bis heute Themen aus Gesundheit und Medizin verständlich und übersichtlich für Sie auf. Dr. Sabrina Mihlan Medizinredakteurin und Biologin kanyo® mehr erfahren